Soziales Engagement, das betrieblich gefördert wird: Mit individuellen Projekten können Mitarbeiter von European Homecare bei Hilfsorganisationen im außereuropäischen Ausland hospitieren – ganz egal, in welcher Fachrichtung sie tätig sind. Das Pilotprojekt ist gerade in einem Hospiz in Kampala (Uganda) gestartet. Hier wird todkranken Menschen ein würdiger Lebensabend ermöglicht. Außerdem werden von hier aus Patenprogramme für den Schulbesuch von Kindern organisiert sowie Projekte zur allgemeinen Verbesserung der Lebensumstände der Bürger in Uganda. Frédéric Heuper, Einrichtungsleiter einer Gemeinschaftsunterkunft in Rheinland-Pfalz, führt hier ein Evaluierungsprojekt durch. Hier berichtet er von seinen Erlebnissen vor Ort.

 

Die ersten Tage

Tag 1:

Nach einer kurzen Nacht, die schon um 4 Uhr endete, machte ich mich auf den Weg zum Flughafen Frankfurt. Alles lief super, lediglich der Wechselkurs Euro/Dollar war noch schlechter als erwartet. Der Flug nach Brüssel war für die meisten Passagiere eine Überraschung, weil sie die Informationen über den Flugzeugtyp nicht gelesen hatten und keine so kleine Maschine erwartet hatten. Naturgemäß war der Flug etwas „merkbarer“ als in einem der großen Flieger und die Landung etwas ruppiger.

In Brüssel musste ich ein wenig unter Zeitdruck durch die Passkontrolle, da zeitgleich mit der Landung der Check-in für den Flug nach Entebbe startete. Letztendlich mussten wir dann im Flieger noch eine Stunde wegen verspäteter Fluggästen warten, so dass der Stress umsonst war.

Ich freundete mich schnell mit meinem Sitznachbarn an, einen Flugzeugmechaniker aus Kanada, der extra nach Entebbe eingeflogen wurde um Maschinen zu reparieren. Dank ihm und anderen Fluggästen, wie einer Missionarin aus den USA und einer Schülerin, die in Ruanda an einer Schule ein Praktikum für 3 Monate macht, war der lange Flug schneller vorbei als erwartet.

Angekommen in Entebbe, ging ich mit dem Kanadier an den Schalter für das Einreisevisum, da wir es nicht online beantragt hatten. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass sie zwar meinen Pass und die 50USD für das Visum nahmen und alle möglichen Fragen stellten‎, aber mir kein Visum ausstellten!

Mein Kollege Alf Skolik erwartete mich bereits draußen mit einem Fahrer und ‎so ging es schnell nach Kampala durch die Nacht. Ein Glück war, der Uhrzeit geschuldet, nicht so viel Verkehr, so konnte ich mich ohne größere Probleme an die etwas anderen Verkehrsregeln gewöhnen und musste nicht direkt um mein Leben bangen.

In Kampala wurde ich herzlich vom Nachtwächter willkommen geheißen und mir wurde schnell das Haus gezeigt.

Ein paar Kleinigkeiten musste ich allerdings selbst herausfinden. Wenn man gewöhnt ist, dass man einfach nur den Hahn aufdreht, erscheint der Vorgang: Schalter irgendwo außerhalb drücken (damit Strom für den Durchlauferhitzer da ist), Hahn aufdrehen, den Knopf am Durchlauferhitzer drücken, der das Ventil öffnet und dann noch die richtige Temperatur an einer Wählscheibe am Erhitzer einstellen (es wird kein kaltes Wasser mehr zugemischt) doch etwas gewöhnungsbedürftig. Andere Gäste erzählten mir am anderen Tag, dass sie sich nicht trauten zu fragen oder es wie ich selbst zu probieren und erst nach ein paar Tagen warm duschen konnten. Hier zeigte sich wieder, dass man durch das ständige Improvisieren bei der Arbeit in Flüchtlingsunterkünften etwas im Vorteil ist.

Tag 2:

Nach einer kurzen Nacht, die aufgrund der Lautstärke (ich empfehle Ohrstöpsel) nur bedingt erholsam war, machte ich mich fertig und wartete auf meinen Kollegen und eine andere Deutsche, die über Weitsicht e.V. ebenfalls im Hospice Africa Uganda hilft und schon seit 2 Wochen vor Ort ist. Zusammen gingen wir neben dem Hospiz in das Coffee at Last und frühstückten, während wir ‎Neuigkeiten austauschten.

So erfuhren wir, dass das Hospiz in finanziellen Schwierigkeiten ist und viele der Mitarbeiter in Kampala letzte Woche entlassen musste. Dies war ein Schock. Denn auch wenn ich bereits bei meiner Bewerbung für das Projekt geahnt hatte, dass es um die Finanzen nicht gut stand (man konnte den Finanzbericht von 2017 einsehen und dort gab es bereit mehr Ausgaben als Einnahmen), war das doch erheblich kritischer als ich erwartet hatte.

Dr Ann, die Gründerin des Hospiz hatte meinen Kollegen und mich zum Abendessen und zur Ostermesse eingeladen, so dass ich hoffte, dann noch mehr zu erfahren.

Da es in der Unterkuft kein Wlan gibt, machte ich mich anschließend mit der anderen Deutschen auf den Weg, eine Simkarte zu kaufen und etwas Geld in der lokalen Währung (ugandische Shilling) abzuheben. Leider erwieß sich der Erwerb einer Simkarte als unmöglich, da, wie ich im Shop dann erfuhr, mein Pass kein Visum enthält. Den Schock musste ich erst einmal verdauen, denn ich hatte diese Dreistigkeit bei der Einreise nicht erwartet. Also war ich im Moment illegal in Uganda. Wir versuchten, den Flughafen zu erreichen, dort nahm allerdings niemand ab und auch die deutsche Botschaft konnte ich wegen der Feiertage nur per Mail erreichen.

Ich ließ mich danach entsprechend der Anweisung, keine Boda Bodas (Motorradtaxis, ähnlich selbstmörderisch wie die Tuk Tuks in Bankog‎, allerdings etwas schlimmer, da die Straßen in Kampala oft mehr Löcher haben als Belag und man einfach ohne Helm direkt hinter dem Fahrer auf der Motorrad sitzt) zu nehmen von einem Fahrer abholen und kam durchgeschüttelt von den Schlaglöchern bei Dr. Ann an, wo ich Michael, einen Iren, der vor seiner Pensionierung als Buchhalter für große internationale Firmen gearbeitet hat, traf. Dieser hatte mit anderen die Finanzen neu berechnet und die Entlassung der Mitarbeiter angeordnet, da das Hospiz sonst ganz hätte schließen müssen.

Wir unterhielten uns über mein Projekt, eine Patientenevaluation mit einigen Statistiken durchführen zu lassen und die Ergebnisse online zu stellen, in der Hoffnung, so mehr Spendengelder zu akquirieren und er war sich unsicher, wieweit das Projekt aktuell durchgeführt werden kann, obwohl er die Notwendigkeit zur Spendengenerierung bekräftigte. Wir beschlossen den Fragebogen auf jeden Fall fertigzustellen und den Leiter, Dr. Eddie, entscheiden zu lassen,  wann er eingeführt wird.

Danach gingen wir noch zur Ostermesse, welche sich doch um einiges zu der katholischen Messe in Deutschland unterscheidet und nach gut 4 Stunden Messe mit einigen Gospelstücken ging es wieder zurück. So dass ich erneut erst gegen 1 ins Bett kam.‎

 

Tag 3:

Nach einer etwas besseren Nacht und einer kalten Dusche, weil ein Strommast in der Mitte durchgebrannt war, ging ich ins Café at Last zum Brunchen, bevor mich mein Kollege mit einer Bekannten aus Uganda abholte und wir zu dem Mädchen, mit dem sein Engagement für das Hospiz angefangen hatte, fuhren. ‎Sie kann seit vier Jahren aufgrund eines Tumors am Rücken nur auf dem Bauch liegen und es gab bislang wenig Hoffnung, ihr helfen zu können. Sie erzählte uns aber freudestrahlend, dass sie mit Glück im Juni nach Texas geflogen wird, wo Ärzte sie operieren wollen und die bisherige Diagnose „unheilbar“ auf „vielleicht ‎heilbar“ geändert wird.

Das Wiedersehen war rührend und es wurden einige Freudentränen vergossen. Erst recht, als mein Kollege die Ostergeschenke, die ihm seine Mutter mitgegeben hatte, verteilte und sie ihm im Gegenzug den selbstgestrickten Schal und die dazu passende Mütze ‎für ihn überreichte, damit er sich im kalten Deutschland nicht erkältet.

Auf dem Rückweg registrierte seine Bekannte noch netterweise eine Simkarte für mich‎ und ich konnte endlich unabhängig von Hotspots sein. Das billigste Paket waren 20gb für 50000 ugandische Shilling (UGX), also ca. 12€.

Leider wird in Uganda die Nutzung von sozialen Netzwerken und Messengern besteuert, so dass ich für die zwei Wochen noch 1400 UGX zahlen musste. Hierbei half mir ein Angestellter meiner Unterkunft, John, der eine Freundin hat, die wiederum einen der zahlreichen Shops hat, die zum Aufladen der Simkarten benötigt werden.

Mittlerweile hatte ich schon ein paar Wörter Luganda (die eigentliche Sprache in Kampala neben Englisch) aufgeschnappt und konnte mich so wenigstens ordentlich bedanken, was John so erfreute, dass er mir direkt seine Nummer gab, mit der Bitte, dass ich mich melden solle, sollte ich Hilfe brauchen.

Den Rest des Abends verbrachte ich in Gesellschaft meiner Gastgeberin Claire und ein paar der anderen Gäste.

 

Tag 4:

‎Nach meiner Dusche hatten wir einen erneuten Stromausfall, da die Reparatur des Mastes nicht wirklich nachhaltig war und er erneut umstürzte.

Gegen 11 wurde ich von einem Hospiz-Fahrer abgeholt und wir holten Dr. Ann ab, die mich am Vortag zu ihrem Trip nach Mbarara eingeladen hatte. Die 277 km schafften wir in knapp 6 Stunden, was ziemlich ermüdend war. Man darf nicht erwarten, dass sich die Landschaft großartig ändert – man hat Sumpfgegenden, leicht bewaldetes Gebiet und sich sehr ähnelnde Städte entlang der Straße. Es gibt nur einen kleinen Waldstreifen auf dem Weg, der Rest ist meist Plantagen und Häusern gewichen.

In Mbarara kamen wir in einem Kloster unter, in dem wir, wie fast immer bis jetzt, überaus herzlich empfangen wurden. Die Schwestern waren sehr an den Ereignissen in Dr. Anns ‎Leben seit ihrem letzten Besuch im Vorjahr interessiert und wollten natürlich auch von mir einiges über mich und Deutschland erfahren.

Erschöpft von der Fahrt hielten wir den Abend allerdings kurz und gingen früh zu Bett, da wir am nächsten Morgen um 7 schon ins Hospiz von Mbarara aufbrechen wollten.