Grün, blau, orange – am Hausvaterweg ist Berlin-Falkenberg besonders bunt. Die Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen besteht aus Containern und bildet ein farbenfrohes Mosaik. Auch innen im Flur, wo die Räume der Sozialbetreuung liegen, findet sich eine bunte Mischung: Überall an den Wänden hängen Bilder. Darauf sind gemeinsame Aktivitäten zu sehen, Feste, gemeinsames Kochen und Backen, Ausflüge. Auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Teams von European Homecare werden mit Foto vorgestellt, darunter Rachid Aguerd. „Unsere Aufgabe ist es, den Bewohnerinnen und Bewohnern zu einem Mehr an Lebensqualität zu verhelfen. Wir sind nicht hier, um einfach einen Job zu erledigen“, beschreibt der Einrichtungsleiter die Beziehungsarbeit des Teams.

Empowerment – wichtiger Schlüssel zur Integration

Ein wichtiger Ansatz ist Empowerment, die Hilfe zur Selbsthilfe. „Ein Anliegen vieler Bewohnerinnen und Bewohner ist es, aus der Gemeinschaftsunterkunft in eine eigene Wohnung zu ziehen. Wir sind aber keine Wohnungsvermittler, sondern unterstützen sie dabei, selbst eine Wohnung zu finden“, betont Aguerd. Sozialarbeiterin Bilge Akalin ergänzt: „So ist es auch in anderen Bereichen: Wir zeigen Lösungswege auf, wie man eine Arbeitsstelle oder einen Praktikumsplatz finden kann, erklären Briefe und helfen beim Ausfüllen von Formularen.“ Neben der Beratung sind die Betreuung und gemeinschaftliche Aktivitäten wichtige Bereiche der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen. Sie erfüllen gleich zwei wichtige Zwecke: Zum einen stärken sie den Zusammenhalt unter den Bewohnerinnen und Bewohnern, die aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin oft längere Zeit in der Gemeinschaftsunterkunft leben. Zum anderen bringen sie Geflüchtete und Einheimische einander näher.

Direkt in der Einrichtung wurde ein Fitnessraum eingerichtet, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner u.a. an Crosstrainern, Ergometern, mit Springseilen und Gewichten trainieren können. Derzeit melden sich die Bewohner vorher an, damit sich nicht zu viele gleichzeitig in dem Raum aufhalten. „Aufgrund der Schutzmaßnahmen vor Covid-19 dürfen nur 6 Personen gleichzeitig trainieren. Ein eigenes Handtuch sowie regelmäßiges Desinfizieren sind Pflicht, außerdem müssen die Fenster geöffnet sein“, erläutert Rachid Aguerd die Hygienebestimmungen. Die Nachfrage ist hoch, auch wegen der professionellen Begleitung: Mitarbeiter mit der Fitnesstrainer-C-Lizenz begleiten das Sportprogramm.

Ein geschützter Raum nur für Frauen

Auf große Resonanz stößt ebenfalls der Frauenraum. Hier finden wöchentlich verschiedene Projekte statt: Eine Bewohnerin, die in ihrem Herkunftsland als Friseurin arbeitete, schneidet und frisiert hier anderen die Haare. Auch ein Nagelstudio öffnet im Frauenraum regelmäßig, außerdem gibt es Nähtreffen und Bastelstunden. „Es ist wichtig, dass die Bewohnerinnen einen geschützten Raum nur für sich haben“, erklärt die Ehrenamtskoordinatorin Joanna Lundt. „Im Frauenraum können sie sich austauschen, Gemeinschaft erleben, neue Kontakte knüpfen, sich entspannen, und Zutrauen in die eigenen Kompetenzen gewinnen. Die Treffen sind ganz auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten; Männer und Kinder bleiben deshalb draußen.“

Auch für Kinder gibt es eigene Bereiche: Einen Jugendraum für die Größeren, eine Kinderspielstube für Kinder im Grundschul- und Kindergartenalter, eine Kinderkrippe, welche Eltern gemeinsam mit den Kleinsten besuchen können und einen “Girls Club” für ältere Mädchen. Auch hier ist die Nachfrage groß: Von derzeit 220 Bewohnerinnen und Bewohnern sind 75 Kinder. Gerade in diesem Bereich gibt es viel ehrenamtliches Engagement, das Joanna Lundt organisiert und begleitet: „Samstags besucht uns die ‚Schule des Friedens‘ und bietet Ausflüge und Lernaktivitäten an. SPIK e.V. ist jeden Montag bei uns und unterstützt im Jugendraum. Außerdem kommen engagierte Ehrenamtliche, die keinem Verein angehören. Vor kurzem hat uns eine Dirigentin besucht, die einen Musikworkshop mit den Kindern gemacht hat. Ein Mitarbeiter der Botschaft von Japan ist gekommen, um japanische Kultur und Spiele vorzustellen. Andere bieten Deutschhilfe, Konversation oder Bastelstunden an.“ Weitere Highlights sind die Abendessen, die mit dem Ernährungsrat Berlin organisiert werden: Unter dem Motto „Alle an einen Tisch“ werden aus regionalen, saisonalen Zutaten internationale Gerichte von Bewohnern und Bewohnerinnen zubereitet und im Anschluss draußen gemeinsam gegessen.

Joanna Lundt bringt in ihrer Rolle als Ehrenamtskoordinatorin beide Seiten zusammen – Bewohnerinnen und Bewohner mit Vereinen und Ehrenamtlichen. „Das Ziel ist es, einen Austausch mit der Nachbarschaft und den Berlinern zu ermöglichen. Mit kreativen und nachhaltigen Projekten kann Freude in den Alltag gebracht, Perspektiven geschafft, und Integration gefördert werden“, berichtet sie. Interessierte können sich einfach per Mail unter Ehrenamt-hausvaterweg@eu-homecare.com melden – damit es am Hausvaterweg noch bunter wird.