Gießen/Rotenburg. Fatima, Mona, Nazgul und Farima nähen seit Tagen Mund-Nasen-Behelfsmasken. Die vier Frauen aus Afghanistan, Kuweit und dem Iran teilen sich nicht nur die Freude am gemeinsamen Hobby, sondern auch die einzige Nähmaschine am Standort der Erstaufnahmeeinrichtung in Rotenburg. In der einfach ausgestatteten Nähstube der Einrichtung stellen Interessierte unter den knapp 450 Geflüchteten normalerweise Geschenke und kleinere Kunstwerke her oder reparieren bei Bedarf ihre Kleidung. Jetzt ist sie kurzerhand zu einer Produktionsstätte einfacher Behelfsmasken umfunktioniert. In dem 30 Quadratmeter großen Raum teilen sich seit Mitte März je zwei Frauen eine Schicht, um aus gespendeten Stoffen einer regional ansässigen Wäscherei und aus ehemaligen Beständen der Bundeswehr Hilfreiches herzustellen. Etwa dreißig bis fünfzig Masken aus leichtem Baumwolltuch entstehen so pro Tag.

„Die Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Bildern haben wir uns aus dem Internet runtergeladen“, sagt Farima. Für die gelernte Schneiderin war es nicht schwer, einen Prototyp herzustellen und die anderen Frauen bei der Herstellung anzuleiten. Vor vier Monaten flüchtete die Iranerin aus ihrer Heimat und nutzte die Nähstube – seit 2016 eines der Freizeitangebote in der Erstaufnahmeeinrichtung – von Beginn an mit großer Freude.

Während eine Frau näht, bügelt eine weitere die Masken. Nach drei Stunden wird gewechselt und die anderen beiden übernehmen. Dabei wird peinlichst genau darauf geachtet, den vorgeschriebenen Mindestabstand zueinander einzuhalten. Etwa 650 „Behelfs-Mund-Nasen-Masken aus handelsüblichen Stoffen“, so die offizielle Bezeichnung, wurden bis heute produziert.

„Abnehmer sind unsere Bewohner hier am Standort“, sagt Thomas Baader, Leiter der Einrichtung. Das Tragen der Masken sei freiwillig. Jeder Maske liege ein Hinweis bei. In den gängigsten Sprachen werde auf die Handhabung hingewiesen. Denn: „Selbst gefertigte Masken erfüllen in Qualität und Sicherheit nicht die Auflagen an medizinische Masken, bieten jedoch anderen Schutz vor einer Übertragung mit dem Coronavirus“, erläutert Baader. Der Mundschutz der „Marke Eigenbau“ diene daher vor allem auch als psychologische Hilfe und verhindere, sich unbeabsichtigt in das Gesicht zu fassen.

Piktogramme und mehrsprachige Aushänge weisen auf die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb der Erstaufnahmeeinrichtung hin. „Unsere Bewohner schützen sich selbst und befolgen die Auflagen sehr genau“, weiß Baader. Denn auch sie verfolgten die Bilder der Pandemie in den Medien, wüssten von der hohen Ansteckungsgefahr.

Der Spaß am Nähen steht aber an erster Stelle und so würden sich Farima und ihre Mitbewohner sehr über weitere Stoffspenden oder eine zweite Nähmaschine freuen.

Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Gießen