Gießen/Büdingen. Masouma, Jamshid, Perigol und Zainab eint die Liebe zum Nähen. Ihre Begabung und Freude an dem gemeinsamen Hobby lassen sie kurzerhand den Bewohnerinnen und Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung zugutekommen. Seit Tagen fertigen die vier unermüdlich Mund-Nasen-Behelfsmasken. Eine Anleitung aus dem Internet und erworbene Fähigkeiten aus dem Herkunftsland helfen dabei.

Zainab schaute von klein auf ihrer Mutter über die Schulter, wenn diese in der Heimat in Afghanistan auf einer alten mechanischen Nähmaschine Kleidung reparierte oder nähte. Die heute 30-Jährige nutzte ihr Wissen später beruflich sowie im Ehrenamt, indem sie als Schneiderin aushalf, wann immer sich Gelegenheit bot. Dass sie nun in der Corona-Krise Masken herstellt, ist für sie nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern auch eine willkommene Abwechslung.

In der einfach ausgestatteten Nähstube der Erstaufnahmeeinrichtung fertigen Interessierte unter den knapp 500 Bewohnern normalerweise Kleinigkeiten oder reparieren bei Bedarf ihre Kleidung. Jetzt ist der knapp 30 Quadratmeter große Raum kurzerhand zu einer Produktionsstätte einfacher Behelfsmasken umfunktioniert. Naheliegende Ausweichflächen ermöglichen den vier Nähfreunden schichtweises Arbeiten mit ausreichend Abstand zueinander. Etwa 30 bis 50 waschbare Masken aus leichtem Baumwolltuch entstehen Tag für Tag auf diese Weise.

„Die Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Bildern haben wir uns aus dem Internet runtergeladen“, sagt der 23-jährige Jamshid. Auf Stationen seiner Flucht habe er in einer Textilfabrik gearbeitet, um Geld zu verdienen und sein Überleben zu sichern, berichtet er. Über das Projekt an seinem jetzigen Wohnort Büdingen sagt er: „Dass wir Masken nähen dürfen, ist eine sehr gute Idee und ich bin zufrieden, dass ich etwas Sinnvolles tun kann“. Gerne wolle er auch später weiter nähen und damit anderen Menschen helfen. Während die Nähmaschine unter seinen Fingern rattert, bügelt eine der Frauen das fertige Stoffprodukt.

„Abnehmer sind unsere Bewohnerinnen und Bewohner hier am Standort“, sagt Ute Wiegand-Fleischhacker, Leiterin der Einrichtung. Während das Tragen der Masken auf dem Gelände freiwillig erfolge, werde seit dieser Woche auch über die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften aufgeklärt. „Selbst gefertigte Masken bieten anderen Schutz vor einer Übertragung mit dem Corona-Virus, auch wenn sie in Qualität und Sicherheit nicht die Auflagen an medizinische Masken erfüllen“, erläutert Wiegand-Fleischhacker. Der Mundschutz der Marke Eigenbau diene auch als psychologische Hilfe und verhindere, sich unbeabsichtigt in das Gesicht zu fassen.

Piktogramme und mehrsprachige Aushänge weisen auf die Sicherheitsmaßnahmen und Kontaktregelungen innerhalb der Erstaufnahmeeinrichtung hin, an der es bislang keinen bestätigten Corona-Fall gab. „Unsere Bewohnerinnen und Bewohner schützen sich selbst und befolgen die Auflagen sehr genau“, sagt die Einrichtungsleiterin. Denn auch sie verfolgten die Bilder der Pandemie in den Medien, wüssten von der hohen Ansteckungsgefahr.

Freude an der Arbeit und die willkommene Abwechslung stünden bei den vier fleißigen Hobbynähern aber an erster Stelle. Deshalb würden sie sich auch sehr über Stoffspenden oder eine weitere Nähmaschine freuen.

Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Gießen